Finanzen – eine universelle Sprache lernen

Geld, Taschenrechner und Schreiber auf einer Wirtschaftszeitung
Finanzwissen hat viele Vorteile, dennoch tun sich manche Menschen schwer mit dem Thema. Warum ist das so und wie kann man diese Aversion überwinden? Judit Varga ist Associate Finance Director und hat ihr Finanzwissen mit einem Rochester-Bern EMBA weiter vertieft. Prof. em. Dr. Claudio Loderer unterrichtet das Thema. Die beiden erklären, warum Finanzen viel mehr sind als langweilige Zahlen.

Autorin: Amélie Lustenberger, Communication Manager, Rochester-Bern

Bei einigen Personen haben Finanzen ein schlechtes Image. Sie assoziieren das Thema mit einer tristen Materie. Manche haben sogar regelrecht Angst davor. “Ich konnte noch nie gut mit Zahlen umgehen” oder “Mathematik ist nicht meine Stärke” sind typische Aussagen von Menschen, die versuchen, das Thema ganz zu umgehen. Prof. em. Dr. Claudio Loderer, der das Thema Finanzmanagement bei Rochester-Bern lehrt, erklärt es wie folgt: “Finanzthemen haben ihre eigene Logik, die man lernen und verstehen muss. Sie erfordern mehr Denken als andere intuitivere Themen wie zum Beispiel Marketing oder Personalmanagement. Das heißt nicht, dass die Probleme in diesen Bereichen leichter zu lösen sind. Das sind sie nicht, aber die Menschen fühlen sich wohler, wenn sie über Probleme in diesen Bereichen nachdenken.»

Doch hinter den Finanzen steckt viel mehr als nur Zahlen, und es gibt viele Gründe, warum jeder zumindest die Grundlagen verstehen sollte. “Das reine Betrachten von Zahlen empfinde ich auch nicht als spannend. Was mich aber begeistert, ist die Tatsache, dass diese Zahlen immer reale Vorgänge widerspiegeln. Die Zahlen erzählen einem Geschichten. Man muss sich die Vermögenswerte, die Produkte, die Aktivitäten und die Mitarbeitenden dahinter vorstellen, und dann wird es sehr interessant”, sagt Judit Varga, Associate Finance Director bei Takeda Pharmaceuticals Inc.

Finanzthemen vermitteln und verstehen

Judit Varga ist eine Finanzexpertin mit 20 Jahren Erfahrung in grossen Unternehmen aus der Chemie, Pharma-, Beratungs- und Automobilbranche in drei verschiedenen Ländern. Obwohl sie bereits einen Master-Abschluss in Wirtschaftswissenschaften hatte, erweiterte sie ihr Wissen durch einen Executive MBA bei Rochester-Bern. Der Studiengang umfasst alle Managementthemen, setzt den Fokus aber auf Finanzen. “Ich wusste bereits viel über Finanzen, aber ich habe trotzdem noch viel gelernt, denn in den Kursen ging es darum, die Konzepte hinter den Theorien zu verstehen und nicht nur um die Vermittlung von Buchwissen”, sagt sie.

Die EMBA-Klassen bei Rochester-Bern sind immer eine Mischung von Studierenden aus verschiedenen Bereichen und mit unterschiedlichem Hintergrund. Daher war der Wissensstand im Bereich Finanzen auch in der Klasse von Judit Varga sehr heterogen. Doch laut ihr gingen die Dozierenden sehr gut mit dieser Herausforderung um: “Ein Professor teilte die Klassenmitglieder nach ihren Buchhaltungskenntnissen auf, von Anfängern bis zu Fortgeschrittenen. Die ‘fortgeschrittenen’ Klassenkameraden wurden dann aufgefordert, ihre Perspektiven und Erfahrungen zu teilen. Auf diese Weise konnte er seine Vorlesungen auf die unterschiedlichen Bedürfnisse der Teilnehmenden abstimmen”, sagt Varga.

Claudio Loderer hat ebenfalls seine Methoden, um das Thema Finanzen attraktiv zu vermitteln: “Man muss konkrete Beispiele bringen, welche die Bedeutung der Finanzen zeigen. Stellen Sie den Studierenden nachhaltige Erfolgsgeschichten, aber auch Katastrophenfälle vor. Die Studierenden sollen verstehen, wie man erfolgreich sein und Katastrophen vermeiden kann. Letztlich müssen Unternehmen kostendeckend arbeiten. Und um das zu erreichen, müssen sie die finanziellen Aspekte ihrer Tätigkeit im Griff haben”, sagt er.

Beim Lernen von Finanzen geht es somit darum, die Geschichten, die Beispiele und die Sprache hinter den Zahlen zu sehen. “Als Jugendliche interessierte ich mich für internationale Beziehungen, Sprachen, Reisen und den Kontakt zu anderen Kulturen”, sagt Varga. Für sie passen diese Interessen sehr gut mit dem Thema Finanzen zusammen. “Finanzen sind wie eine universelle Sprache auf der ganzen Welt. Sie bieten so viele Möglichkeiten, um in allen Arten von Unternehmen und in verschiedenen Ländern zu arbeiten”, sagt sie.

Keine Angst vor Zahlen

Neben der Erkenntnis, dass Finanzen auch sehr spannend sein können, ist es auch eine Tatsache, dass kaum jemand um das Thema herumkommt. Claudio Loderer formuliert es wie folgt: “Wer den Kopf in den Sand steckt und glaubt, dass das Schreckgespenst der Finanzen verschwindet, ist naiv. Das Schreckgespenst ist geduldig, es wird auf Sie warten. Früher oder später, das ist meine Erfahrung, findet jeder in der Wirtschaft und außerhalb der Wirtschaft heraus, dass Finanzen wichtig sind. Leider ist es dann oft zu spät. Warum also nicht in den sauren Apfel beißen und sich vorher über Finanzen informieren, wenn man die Zeit dazu hat?”

Niemand kann Karriere machen und das Thema Finanzen völlig ausklammern; das bestätigt auch Judit Varga. “In allen Organisationen haben sämtliche Manager/-innen und Mitarbeitende finanzielle Ziele, z.B. in Bezug auf das Inventar, das Budget oder Rentabilität”, sagt sie. Ohne zu verstehen, wie sich reale Transaktionen in Finanzen umsetzen lassen, ist es sehr schwer, in einem Unternehmen erfolgreich zu sein. “Nicht jeder braucht ein ganzes Finanzstudium, aber ein gewisses Grundwissen über Finanzen ist ein Muss”, fügt sie hinzu.

Um Hemmungen im Bereich von Finanzthemen abzubauen, ist es sicherlich hilfreich zu versuchen, Finanzfachleute besser zu verstehen: “Finanzen werden oft in einer komplizierten Sprache vermittelt. Es werden viele Abkürzungen verwendet, so dass die Zuhörenden in den ersten fünf Minuten abschalten”, sagt Varga. Zudem wird der Finanzbereich oft als Kontrollstelle oder Polizist wahrgenommen. Varga findet das sehr schade. Sie möchte lieber als Kollegin und Geschäftspartnerin gesehen werden. “Meine Stakeholder wissen es zu schätzen, dass ich die Zahlen aussagekräftig darstelle und sie mit den operativen Geschäften verknüpfe, damit klare Handlungsempfehlungen ersichtlich werden. Wann immer ich meine Stakeholder zum Handeln bewegen kann, habe ich das Gefühl, meinen Zweck zu erfüllen”, fügt sie hinzu.

Natürlich gilt dies auch für die andere Seite: “Die Finanzfachleute müssen auch die Perspektive der Kolleginnen und Kollegen aus anderen Abteilungen einnehmen”, sagt Varga. In dieser Hinsicht hat ihr das EMBA-Programm sehr geholfen. Die Kurse in Personalwesen, Marketing, Betrieb und Strategie vermittelten ihr ein breiteres, bereichsübergreifendes Denken. “Der EMBA hat mich zu einer besseren Führungskraft gemacht. Ich bin eine stärkere Kommunikatorin geworden, kann meine eigene Vision formulieren und mit den Unternehmenszielen in Einklang bringen”, sagt sie. Das ging sogar so weit, dass sie es wagte, eine Aufgabe in einem völlig anderen Bereich zu übernehmen. “Ich war schon immer neugierig darauf, Neues zu lernen, aber während des EMBA-Studiums habe ich meine Denkweise noch erweitert und mein Selbstvertrauen gestärkt, so dass ich jetzt für eine Initiative arbeite, deren Ziel es ist, unser Unternehmen zu einem vielfältigeren und integrativeren Umfeld zu gestalten.”

Fragen stellen und Wissen aneignen

Menschen, die Angst vor Finanzen haben, gibt Judit Varga folgenden Rat: “Stellen Sie Fragen”. Wenn Menschen Fragen stellen, entsteht ein Dialog und beide Seiten beginnen, sich gegenseitig zu verstehen. “Ich arbeite gerne mit Menschen aus dem Betrieb zusammen, die Fragen stellen. Ich persönlich habe darauf geachtet, auf Geschäftsreisen auch die Werke, Lager und Kund/-innen meines Unternehmens zu besuchen und nicht nur an Besprechungen in den Büros teilzunehmen, um mehr über andere Bereiche zu erfahren. Das zeigt mir, dass wir gemeinsam auf das gleiche Ziel hinarbeiten”, sagt sie. Niemand sollte sich von den Fachbegriffen aus der Finanzwelt einschüchtern lassen. Je tiefer man sich in das Thema einarbeitet, desto einfacher wird es. “Wenn Sie ein paar Jahres- oder Quartalsberichte verschiedener Aktiengesellschaften verstanden und gelesen haben, werden Sie bereits erste Analysen der Unternehmen machen können”, sagt Varga.

Natürlich ist auch eine Weiterbildung, wie der EMBA von Rochester-Bern, ideal für den Einstieg in das Thema Finanzen – und die gesamte Managementpalette. Dank Dozierenden aus renommierten Business Schools und interaktiven Kursen werden alle Wissensstufen im Bereich Finanzen bedient. Nach dem Studium  ist die Reise nicht zu Ende, denn die Studierenden profitieren im Rahmen der Alumni-Organisation weiterhin von dem gewonnenen Netzwerk. “Ich wollte unbedingt Teil der Alumni-Organisation sein, da ich mein Wissen in dieser sich schnell verändernden Welt immer wieder auffrischen möchte”, sagt Varga.

Dieser Artikel ist am 15.09.2022 in der Handelszeitung erschienen.