Demografischer Wandel und seine Folgen
Im Zentrum des Beitrags stand die Frage, inwieweit Künstliche Intelligenz einen Beitrag zur Abfederung der Auswirkungen des Fachkräftemangels leisten kann. Der Rückzug der geburtenstarken Baby-Boomer-Generation aus dem Erwerbsleben führt bereits heute zu einem spürbaren Mangel an Arbeits-, Nachwuchs- und Fachkräften.
Gleichzeitig besteht ein Spannungsfeld zwischen Stellenabbau auf der einen und Fachkräftemangel auf der anderen Seite. Stellenabbau resultiert häufig aus technologischen und ökonomischen Entwicklungen und erfordert Anpassungen in Organisation und Personal. Demgegenüber steht der Arbeitskräftemangel, der vor allem durch demografische Veränderungen verursacht wird und Unternehmen vor die Herausforderung stellt, ihre Arbeitgeberattraktivität zu steigern sowie Mitarbeitergewinnung und -bindung nachhaltig zu gestalten.
Drei limitierende Faktoren der «Neuen Normalität»
Gleichzeitig sehen sich Unternehmen mit weiteren strukturellen Einschränkungen konfrontiert. Rump identifizierte drei zentrale begrenzende Faktoren in der sogenannten «Neuen Normalität»: eingeschränkte finanzielle Ressourcen, Zeit als knappes Gut sowie der anhaltende Mangel an qualifiziertem Personal. Diese Rahmenbedingungen bestimmen in hohem Masse die strategischen und operativen Handlungsspielräume von Organisationen.
Potenziale und Grenzen von Künstlicher Intelligenz
Vor diesem Hintergrund wurde der Einsatz von Künstlicher Intelligenz als mögliche Unterstützung betrachtet. KI kann zur Automatisierung repetitiver Aufgaben beitragen, administrative Prozesse effizienter gestalten und bei der Organisation von Weiterbildungs- und Wissensmanagementprozessen unterstützen.
Gleichzeitig wurde betont, dass Digitalisierung – und damit auch der effektive Einsatz von KI – bestimmte prozessuale Voraussetzungen erfordert. Rump benannte in diesem Zusammenhang fünf zentrale Aspekte: Prozessoptimierung, Prozess-Standardisierung, Prozessharmonisierung, Vereinheitlichung sowie perfekt abgestimmte Schnittstellen. Erst wenn diese Grundlagen geschaffen sind, kann Technologie ihr Potenzial in vollem Umfang entfalten. Der isolierte Einsatz digitaler Lösungen ohne entsprechende Prozessgestaltung führt hingegen häufig zu Effizienzverlusten oder Reibungspunkten.
Darüber hinaus wurde deutlich, dass KI keine vollwertige Substitution menschlicher Arbeit darstellt. Ihr Nutzen liegt vor allem in der gezielten Ergänzung und Entlastung, eingebettet in durchdachte, strukturierte Prozesse.
Bedeutung von Qualifizierung, Stärkenorientierung und Unternehmenskultur
Um den Herausforderungen im Spannungsfeld von Jobabbau und Fachkräftemangel zu begegnen, sind Strategien des Re-Skilling und Up-Skilling essenziell. Dabei ist eine stärkenorientierte Vorgehensweise von zentraler Bedeutung: Jede Person bringt individuelle Talente und Stärken mit, die es zu identifizieren und gezielt zu fördern gilt. Im weiteren Verlauf sollte der Personaleinsatz entsprechend dieser Stärken erfolgen, um Potenziale bestmöglich auszuschöpfen und Mitarbeitende langfristig zu binden.
Parallel dazu bleibt die Gestaltung einer lernorientierten und technologieoffenen Unternehmenskultur eine zentrale Voraussetzung für eine erfolgreiche Integration neuer Technologien und Qualifizierungsmassnahmen.
Altersgerechte Weiterbildung und lebenslanges Lernen
Ein weiterer zentraler Punkt ist die altersgerechte Weiterbildung. Ältere Beschäftigte lernen nicht besser oder schlechter als jüngere, sie lernen jedoch anders. Während mit zunehmendem Alter die fluide Kompetenz abnimmt, steigt die kristallisierte Kompetenz an. Dies bedeutet, dass das Lernen älterer Mitarbeitender stärker auf bereits erworbenem Wissen und Erfahrungen aufbaut und somit individuelle Lernmethoden und -angebote erfordert. Eine auf die Bedürfnisse verschiedener Altersgruppen abgestimmte Weiterbildungsstrategie unterstützt nachhaltige Qualifizierung und Mitarbeiterbindung.
Handlungsempfehlungen für Organisationen
Organisationen sind gefordert, vorausschauend zu planen, den Wissenstransfer zwischen den Generationen zu fördern und Führungskräfte so zu qualifizieren, dass sie Veränderungsprozesse aktiv begleiten und gestalten können.
Fazit
Die Ausführungen von Rump machten deutlich, dass Künstliche Intelligenz ein relevantes Instrument zur Entlastung und Effizienzsteigerung darstellen kann, ihre Wirkung jedoch nur im Zusammenspiel mit strategischer Personalentwicklung, fundierter Prozessgestaltung und kulturellem Wandel entfaltet. Eine ausgewogene Balance zwischen technologischer Innovation und verantwortungsvoller Personalpolitik ist dabei entscheidend, um den Herausforderungen des demografischen Wandels nachhaltig zu begegnen.
Dabei gilt es sich bewusst zu machen, dass Beschäftigungsfähigkeit ein eigener Vermögenswert ist und Personal eine Investition darstellt, die sorgfältig gepflegt und entwickelt werden muss, um langfristigen Erfolg und Wettbewerbsfähigkeit zu sichern.
Dieser RoBe Connect Talk mit Prof. Dr. Jutta Rump zum Thema
«KI & Kultur» fand im Rahmen der folgenden Weiterbildungen statt: