Erinnerungen kommen hoch aus fast 20 Jahren als Change- und Kommunikationsberaterin. Da das Beispiel eines dem Tode geweihten Digitalisierungsprojekts einer Behörde. Ein letztes Aufbäumen, nachdem das Projekt mehrfach neu aufgesetzt, die Leitung ausgetauscht wurde – man holt sich Kommunikationsberater/-innen ins Haus und hofft, dass es noch etwas schönzureden gibt. Dort die Einführung eines CRM – keine grosse Sache, möchte man meinen. Und doch: Prozesse und Verantwortlichkeiten ändern sich, es wird um die Hoheit über Kund/-innen gerungen, Leistungszurechnungen sind plötzlich nicht mehr gleich transparent…
Schon einfachere Digitalisierungsvorhaben bringen auf den Punkt, dass Technologien in Digitalisierungsvorhaben oft die zweite Geige spielen (müssten). Entscheidend über Erfolg oder Misserfolg sind oft organisationale und strategische Fragen: Welche Kernkompetenzen haben und brauchen wir? Welche Risiken sind wir bereit einzugehen, wie viel investieren wir? Wie müssen sich unsere Führung und Zusammenarbeit ändern? Wie nehmen wir unsere Mitarbeitenden mit auf die Reise?
Aber nochmal einen Schritt zurück: Bei der digitalen Transformation, so Marc K. Peter, geht es zentral um Kund/-innen – die Verbesserung der Kund-/innenzentriertheit und die Schaffung von Wert für bestehende oder künftige Kundschaft, unter Nutzung digitaler Möglichkeiten und mit der nötigen Transformation der Organisation. Eindrückliche Beispiele liefert uns Daniel Fasnacht mit Blick auf digitale Ökosysteme und Super Apps, wie sie Alibaba oder Tencent geschaffen haben. «The Winner Takes it All» – hier ging die Rechnung auf, der lange Atem bis zum Tipping Point auf der exponentiellen Wachstumskurve hat sich gelohnt. Für andere, in kleinen, stark fragmentierten und regulierten Märkten, ungleich schwieriger.
Bei allem Tempo und dem Hype, den wir derzeit an der AI-Front erleben, ist es doch irgendwie gut zu wissen, dass auch ein Maestro mal klein angefangen hat. So muss man zuerst seine digitale Reife kennen (z.B. mit dem Digital Excellence Checkup von swissICT ) und die richtige Basisstrategie wählen, wie Bramwell Kaltenrieder fordert. Oft ernüchternd und gleichzeitig beruhigend zu wissen, wenn der Fokus auf «digitally enhanced business» und nicht «new digital business» liegen sollte. Denn was bringt es uns, von der Super App zu träumen, wenn wir keine saubere Datenbasis haben oder elementare Abläufe nicht funktionieren… Bei der digitalen Reife haben übrigens Versicherungen, Banken und IT/Telekom heute die Nase deutlich weiter vorn als andere Branchen (s. Abbildung).
Und doch richten wir den Blick natürlich mit glänzenden Augen nach vorn und innovieren. Gemäss Marc Gruber gilt es dabei häufig, verschiedene Innovationsstände gleichzeitig zu orchestrieren. Während wir uns mit radikalen Innovationen («Explore») weit in die Zukunft lehnen, generieren am anderen Ende des Spektrums oft inkrementelle Innovationen («Exploit») das nötige Cash. Und wieder spielt die Organisation rein – die verschiedenen Innovationsarten erfordern neben unterschiedlichen Finanzen und Ressourcen auch andere Denkweisen und Kompetenzen. Und wieder spielt die Kundschaft rein: In den einzelnen Phasen des Innovationsmanagements haben wir es mit verschiedenen Gruppen zu tun. Ein Early Adopter oder «Geek» hat eine höhere Toleranzschwelle als der User in der Mitte der Diffusionskurve. Entsprechend müssen wir auch das Messaging anpassen.
Nach vier Tagen mit spannenden Ausflügen in die «Zukunft» liegt das Gute doch ganz nah. Mit ihren Praxisinputs geben uns Tom Röthlisberger und Daniel Isler wieder Boden unter den Füssen. Eine kleine Auswahl an Tipps:
Und auch wenn ich behaupte, Technologien sollten nur die zweite Geige spielen, treiben sie letztlich die Kund/-innenerwartungen und Möglichkeiten und bringen auch meine Augen zum Glänzen. Ich freue mich auf die nächsten Kurstage, wenn wir vertieft in die Themen Technologien & Cyber-Resilienz sowie Datenmanagement & KI einsteigen. « Clap along if you feel like a room without a roof… Because I’m happy.»