Nachfolgeplanung – Wer hat welche Rolle?

Nachfolge
Die Nachfolgeplanung ist ein emotionales Thema. Deshalb ist es wichtig, dass die Rollen der Beteiligten klar definiert sind.

Alexandra Bertschi-Michel ist Senior Manager bei PWC und verfügt über mehr als zehn Jahre Erfahrung in der Begleitung von Nachfolgen. Sie unterrichtet das Thema auch im CAS Verwaltungsrat von Rochester-Bern. Gemäss Studien scheitert rund jede dritte Nachfolge. Gelingt die Nachfolge nicht, bedeutet dies oft, dass das Unternehmen liquidiert oder aufgekauft wird und Arbeitsplätze verloren gehen. Das sei schade, findet Bertschi-Michel, denn eine Nachfolge biete auch Chancen, wenn sie richtig umgesetzt werde. «Die neue Generation bringt oft frische Ideen und eine Professionalisierung mit», sagt Bertschi-Michel. Ein wichtiger Teil des Erfolgs sei es, die richtigen Leute in die richtige Rolle zu bringen. 

Eigentümerinnen und Eigentümer

Geht es um die Nachfolgeregelung, dann sind die Eigentümerinnen und Eigentümer im Lead. Manchmal gibt es Überschneidungen, zum Beispiel wenn der Eigentümer auch Verwaltungsratspräsident ist. «Es ist klar, dass diejenigen, die das Eigentum kontrollieren, den Prozess anführen sein sollten», sagt Bertschi-Michel. Dies sei auch im Rahmen einer Beratungsfunktion wichtig: «Beraterinnen und Berater sollten die Eigentümer/-innen involvieren und Lösungen gemeinsam mit ihnen erarbeiten. Schliesslich tragen diese am Schluss auch die Konsequenzen», fügt sie hinzu.

Die Beratungsfunktion

Oft kommt es vor, dass Unternehmen den erstbesten Berater oder die erstbeste Beraterin aus ihrem bestehenden Netzwerk zu Rate ziehen. Das sei nicht optimal, weil diese Personen meist nur eine Sichtweise hätten: Der Jurist, der rechtlich alles richtig mache, aber die betriebswirtschaftliche Seite vergesse, die Steuerberaterin, die den emotionalen Teil vernachlässige und so weiter. «Es braucht eine Prozessberaterin, die ganzheitlich unterwegs ist», sagt Bertschi-Michel. Natürlich werden auch Spezialisten und Spezialistinnen beigezogen, aber jemand, der den Überblick über den Prozess hat, ist sehr wertvoll.

Der Verwaltungsrat

Im Rahmen des strategischen Dialogs spielt auch der Verwaltungsrat bei der Nachfolgeregelung eine wichtige Rolle. «Manchmal ist es der Verwaltungsrat, der das Thema aufgreifen und lancieren muss, wenn die Eigentümerinnen und Eigentümer nicht von sich aus aktiv werden», sagt Bertschi-Michel. Sie hat auch schon Fälle erlebt, in denen Verwaltungsräte das Thema selbst in die Hand genommen und organisiert haben. «Das kann gut gehen oder auch nicht», sagt Bertschi-Michel. Zwei Aspekte sind problematisch, wenn Verwaltungsrät/-innen die Initiative ergreifen: Zum einen sind Verwaltungsrät/-innen oft nicht so erfahren im Thema, zum anderen können sie befangen sein, wenn sie zum Beispiel schon viel in das Unternehmen investiert haben oder mit der Eigentümerfamilie eng verbunden sind.

Die Banken

Eine Nachfolgeregelung beinhaltet meist auch eine komplexe Finanzplanung. Hier rät Bertschi-Michel, die Bank möglichst früh ins Boot zu holen, um zu vermeiden, dass ein ganzer Plan ausgehandelt wird, den die Bank am Ende gar nicht mitträgt.

Die Familie

Nicht zu unterschätzen ist die Rolle der Familie, auch wenn es sich dabei nicht um Eigentümer/-innen handelt. «Ich habe es schon erlebt, dass eine Ehefrau, die selber nicht Aktionärin ist, den Prozess in Gang bringt, indem sie ihren Mann darauf anspricht, sich langsam mit dem Thema Nachfolge auseinanderzusetzen», sagt Bertschi-Michel. Zudem bringen Familienmitglieder manchmal neue Ideen und spannende Inputs ein. Bertschi-Michel rät deshalb, das Thema Nachfolge immer erstmals am Familientisch anzusprechen.

Die Mitarbeitenden

Auch die Mitarbeitenden können eine Nachfolgeregelung initiieren, indem sie fragen, wie es mit dem Unternehmen weitergeht. Im Hinblick auf die Arbeitsplatzsicherheit ist dies für sie von grossem Interesse. Bertschi-Michel rät aber zu einer gewissen Zurückhaltung gegenüber den Mitarbeitenden: Erst wenn ein erster Fahrplan steht, sollte das Thema Nachfolge kommuniziert werden, um nicht Unsicherheit und Angst zu verbreiten. Zudem rät sie, zwischen Schlüsselmitarbeitenden und anderen Mitarbeitenden zu unterscheiden. Wobei die Schlüsselmitarbeitenden unter Umständen früher ins Boot geholt werden sollten.  

Die Emotionen nicht vergessen

Neben den verschiedenen Interessengruppen dürfen auch die Emotionen nicht vergessen werden. «Ich hatte einen Fall, bei dem nie Emotionen hochkamen und am Tag vor der Vertragsunterzeichnung wollte eine Person plötzlich alles absagen – das ist sinnbildlich dafür, was passiert, wenn Emotionen unterdrückt werden und dann im ungünstigsten Moment ausbrechen», so Bertschi-Michel. Besser sei es, Emotionen so früh wie möglich anzusprechen und den Menschen Zeit zu geben. «Widerstände müssen erkannt und aufgelöst werden, dann gelingt die Nachfolge am ehesten», so Bertschi-Michel.