New Work – Die Arbeit von morgen beginnt heute

Paneldiskussion New Work im Rahmen des Events mit dem SBF
Ist die Generation Z das Schreckensgespenst, für die einige es halten? Welchen Einfluss haben neue Technologien auf unsere Art zu arbeiten? Wie kann ich Jung und Alt erfolgreich führen? An unserem Rochester-Bern Alumni/-ae Event vom 1. November 2022 überraschten die Panelist/-innen mit ihren Antworten.

«Das Event war viel zu kurz, obwohl es zu lange war», sagt German Ramirez mit einem Glas Wein in der Hand beim Apéro nach dem Panel und bringt es damit auf den Punkt: Die vier Referierenden und Moderatorin Petra Joerg hätten noch viel länger über das Thema «New Work als Herausforderung für den Verwaltungsrat» diskutieren können, auch wenn die geplante Zeit von stolzen eineinhalb Stunden sogar überzogen wurde.  

Das Panel ermöglichte den Zuschauer/-innen viele Einblicke in das Thema New Work, und bot Stoff zum Diskutieren, Nachdenken und Weiterentwickeln. Die Panelzusammenstellung war divers, mit Leuten aus ganz unterschiedlichen Bereichen und mit teils erfrischend unkonventionellen und klaren Meinungen. Auf der Bühne standen:  

  • German Ramirez: Mitbegründer & Chief Relevance Officer bei THE RELEVANCE HOUSE AG, 
  • Marc Holitscher: National Technology Officer (NTO) bei Microsoft Switzerland,  
  • Tatjana Zbinden: Chief Human Resources Officer bei isolutions  
  • Yannick Blättler: Geschäftsführer und Inhaber von Neoviso 
  • Petra Joerg: CEO von Rochester-Bern Executive Programs als Moderatorin 

Gemeinsam boten sie inspirierende Einblicke, konkrete Vorschläge und eine lebhafte Diskussion. 

New Work als Thema für den Verwaltungsrat 

Warum ist New Work für den Verwaltungsrat relevant? Kaum ein Unternehmen wird in den kommenden Jahren vom Fachkräftemangel verschont bleiben. Sie müssen potenziellen Arbeitskräften also etwas bieten, wenn sie wollen, dass diese zu ihnen kommen, und dies beginnt auf der obersten strategischen Ebene. «Es gibt Restaurants, die können nur noch die Hälfte ihrer Tische bedienen, weil sie zu wenig Personal haben. Allerspätestens an dem Punkt, bei dem die Strategie eines Unternehmens nicht mehr umgesetzt werden kann, weil die Mitarbeitenden fehlen, wird New Work zu einem Thema für den Verwaltungsrat», so Zbinden.  

Hinzu kommt, dass New Work nicht anhand einer Checkliste umgesetzt werden kann, sondern eine Organisation auf allen Ebenen durchdringen muss. «New Work ist ein Mindset und die Bereitschaft, sich konstant weiterzuentwickeln», so Blättler. Dass der Schritt zu New Work nicht einfach ist, bestätigt auch Marc Holitscher: «Wir von Microsoft haben Jahre gebraucht, um dort zu sein, wo wir jetzt sind». Jeder Verwaltungsrat sollte sich somit lieber gestern als morgen, mit dem Thema befassen.  

Die Technologie als Treiber 

«Alle Unternehmen heute sind eigentlich Softwareunternehmen», sagt Holitscher und hebt damit die Bedeutung von Tools und Programmen – die es inzwischen in jedem Unternehmen gibt – hervor. Ohne die entsprechenden Technologien wäre New Work nicht möglich. Die neuen Tools können zu einer besseren Zusammenarbeit führen, z. B. indem sie eine simultane Bearbeitung eines Dokuments zulassen. Gleichzeitig bringt eine gute Technologie allein nichts, wenn sie nicht von einer passenden Kultur und Menschen mit einem offenen Mindset begleitet wird.  

Genau so, wie die Technologie neue Möglichkeiten erschafft, führen sie auch zu neuen Herausforderungen. Eine davon ist der Datenschutz. Wie schützen sich Unternehmen vor Cyberangriffen? Wie gehen wir mit heiklen Daten um? «Verlangen Sie eine Datenschutzstrategie», rät Holitscher Verwaltungsrätinnen und Verwaltungsräten. Dies bedeutet zwar ein bisschen Arbeit, doch es zwingt die Geschäftsleitung dazu, sich Gedanken zu machen, welche Daten wichtig sind und wie das Unternehmen damit umgeht. Einmal mehr kommt es somit auf die Führung darauf an und dass sie mit den neuen Herausforderungen – seien sie vonseiten der Technologie oder auch nicht – richtig umgehen.  

New Work und Führung 

Es braucht ein radikales Umdenken, fordert Ramirez: «Wir sprechen noch immer von ‘unseren Mitarbeitenden’ und sehen sie als ‘unsere Ressourcen’. Doch diese Sichtweise ist veraltet. Wir sind alles freie Menschen, die freiwillig arbeiten». Bei New Work geht es darum, den Menschen zu vertrauen und ihnen Verantwortung abzugeben. «Wer Mitarbeitende konstant kontrollieren muss, der kann sie auch gleich feuern. Keine Führungskraft kann ruhig schlafen, wenn sie nicht darauf vertrauen kann, dass die Mitarbeitenden aus eigener Motivation arbeiten. Die Leute müssen empowered werden und der Grossteil der Menschen ist auch absolut bereit dazu, diese Verantwortung zu übernehmen und gute Arbeit zu leisten», so Ramirez.  

Blättler stimmt dem zu, betont aber auch die Bedeutung von Sicherheit: «Eine Führungskraft muss Sicherheit ausstrahlen. Die Mitarbeitenden bei Neoviso haben viele Freiheiten. Ich merke aber auch, dass sie es schätzen, dass sie bei Fragen zu mir kommen können und ich ihnen klare Antworten liefere». Er erwähnt zudem die Tragweite der Vorbildfunktion von Führungskräften. «Insbesondere die Jungen wollen sehen, wie die Vorgesetzte denken und arbeiten. Sie wollen von ihnen inspiriert und motiviert werden».  

Auch Holitscher nimmt die Führung in die Pflicht «New Work braucht einen gewissen Bottom up Ansatz, doch es muss von der Führung kommen.» Frau Zbinden fasst die neue Art der Führung perfekt zusammen: «Ich verteile keine Aufgaben mehr, sondern gehe eine Beziehung mit Menschen ein». Unternehmen, die auch in Zukunft gute Arbeitskräfte einstellen möchten, können diesen Wandel nicht ignorieren, denn insbesondere die jungen Menschen – Generation Z – verlangen viel von ihren Arbeitgebern.  

Ein Generationenkonflikt?  

Über die Generation Z wird viel geschrieben und diskutiert. Sie definiert, wie die Arbeitswelt von morgen aussieht und spielt in New Work somit eine bedeutende Rolle. Dabei ist es wichtig, die Generation im heutigen Kontext zu betrachten. «Vieles, was die Generation Z heute durchsetzt, hätten sich auch frühere Generationen gewünscht. Generation Z hat einfach den Vorteil, dass sie die Wahl hat. Sie wissen, dass sie mehrere gut bezahlte Arbeitsplätze erhalten würden, entsprechend rücken Aspekte wie; eine gute Kultur, flexible Arbeitszeiten oder eine sinnvolle Tätigkeit in den Vordergrund», so Blättler 

So gesehen ist es auch nicht eine grosse Hexerei, die unterschiedlichen Altersgruppen unter einen Hut zu bringen. «Werte, die zu New Work gehören, wie Menschlichkeit, Fairness und Offenheit, sprechen alle Altersgruppen an, nicht nur die Jungen», so Ramirez. Es geht also darum, auf die Leute einzugehen. «Jemand will klare Anweisungen, dann gib ihm klare Anweisungen. Jemand anderes will Freiheit, dann biete ihr diese Freiheit», fügt er hinzu.  

«Meist geht auch viel mehr als man denkt», sagt Blättler und wehrt sich damit gegen Aussagen wie: «In unserem Unternehmen können wir das, was Generation Z sich wünscht, gar nicht bieten, dies ist hier nicht möglich». Es ist eine Frage der Einstellung und oft findet sich eine Lösung. «Für junge Menschen ist beispielsweise die mentale Gesundheit sehr wichtig. Weshalb also nicht eine psychologische Beratung anbieten? Das könnten die meisten Unternehmen einrichten», so Blättler.  

Es gibt noch viel zu tun…. 

«Die Corona-Pandemie hat viel verändert. Nur wenige Unternehmen sind zum Status Quo von vor 2020 zurückgekehrt», sagt Zbinden. «Es tut sich also etwas. Oft allerdings erst, wenn der Druck gross genug ist», fügt sie hinzu. Natürlich sind auch nicht alle Unternehmen gleich kreativ und innovativ unterwegs und dies ist auch in Ordnung. «Ich möchte nicht, dass ein Spital ein Experimentier-Laden ist», so Ramirez. Trotzdem ist New Work etwas, mit dem sich alle Organisation früher oder später befassen müssen, wenn sie weiterhin bestehen wollen.  

Ein guter erster Schritt in Richtung New Work liegt darin, die Mitarbeitenden zu fragen, was sie möchten. «Teils kommen Führungskräfte zu mir zu und fragen mich, wie viel Homeoffice ich ihnen empfehle. Ich antworte dann: ‘Fragen Sie die Mitarbeitenden, wie viel Homeoffice diese für sinnvoll erachten’», so Zbinden und spricht damit den Kern von New Work an: Den Leuten zuhören und sie wie verantwortungsvolle Erwachsene behandeln, die aus eigener Motivation etwas leisten. «Es gibt noch viel zu tun – und es ist höchste Zeit, die nächsten Schritte zu gehen. Packen wir die Herausforderung an!», fast Petra Joerg treffend zusammen.